Meine geniale Freundin - Die neapolitanische Saga (Teil 1)
von Elena Ferrante
erschienen im Suhrkamp Verlag (2016)
als Hardcover
mit 423 Seiten
Zum Inhalt (Quelle: Suhrkamp Verlag):
Sie könnten unterschiedlicher kaum sein und sind doch unzertrennlich,
Lila und Elena, schon als junge Mädchen beste Freundinnen. Und sie
werden es ihr ganzes Leben lang bleiben, über sechs Jahrzehnte hinweg,
bis die eine spurlos verschwindet und die andere auf alles Gemeinsame
zurückblickt, um hinter das Rätsel dieses Verschwindens zu kommen.
Im Neapel der fünfziger Jahre wachsen sie auf, in einem armen,
überbordenden, volkstümlichen Viertel, derbes Fluchen auf den Straßen,
Familien, die sich seit Generationen befehden, das Silvesterfeuerwerk
artet in eine Schießerei aus. Hier gehen sie in die Schule, die
unangepasste, draufgängerische Schustertochter Lila und die schüchterne,
beflissene Elena, Tochter eines Pförtners, beide darum wetteifernd,
besser zu sein als die andere. Bis Lilas Vater seine noch junge Tochter
zwingt, dauerhaft in der Schusterei mitzuarbeiten, und Elena mit dem
bohrenden Verdacht zurückbleibt, eine Gelegenheit zu nutzen, die
eigentlich ihrer Freundin zugestanden hätte.
Ihre Wege trennen sich, die eine geht fort und studiert und wird
Schriftstellerin, die andere wird Neapel nie verlassen, und trotzdem
bleiben Elena und Lila sich nahe, sie begleiten einander durch erste
Liebesaffären, Ehen, die Erfahrung von Mutterschaft, durch Jahre der
Arbeit und Episoden politischer Bewusstwerdung, zwei eigensinnige,
unnachgiebige Frauen, die sich nicht zuletzt gegen die Zumutungen einer
brutalen, von Männern beherrschten Welt behaupten müssen.
Sie bleiben einander nahe, aber es ist stets eine zwiespältige Nähe:
aus Befremden und Zuneigung, aus Rivalität und Innigkeit, aus Missgunst
und etwas, das größer und stiller ist als Lieben. Liegt hier das
Geheimnis von Lilas Verschwinden?
Meine Meinung:
Das erste Buch der vierteiligen Reihe -Die neapolitanische Saga-, "Meine geniale Freundin", nimmt und mit in die Phase des Erwachsenwerdens von Elena und Lila. Diese Phase erleben wir als Leser in aller Ausführlichkeit, was mir generell sehr gut gefällt, aber bei diesem Buch schafft es die Autorin leider nicht die Spannung wirklich oben zu halten.
Das Setting hat mir von Beginn an sehr gut gefallen und hat mich auch bei schwerern Phasen dieses Buches bei der Stange gehalten. Das Leben in einer Vorstadt Neapels und die zu dieser Zeit (50er und 60er Jahre) vorhandenen gesellschaftlichen Probleme sind werden in dem Buch aus Sicht von Elena sehr gut beschrieben und lassen erahnen, wie es gewesen sein muss zu dieser Zeit, an solch einem Ort aufzuwachsen.
Der Schreibstil ist nicht kompliziert, aber trotzdem für mich gewöhnungbedürftig gewesen. Ich kann noch nicht mal genau analysieren wieso. Eventuell lag an häufiger genutzten Schachtelsätzen oder ungewöhnlichen Ausdrucksweisen.
Die Kapitellänge war angenehm. Ich mag es wenn ein neues Kapitel nicht allzu lange auf sich warten lässt. Man hat einfach das Gefühl, man kommt voran.
Zu Beginn begegnen einem für meinen Geschmack zu viele Charaktere. Um einem den Einstieg zu erleichtern gibt es aber auf den ersten Seiten eine Übersicht über die Charaktere, die im Laufe der Geschichte immer wieder eine Rolle spielen. Auch ein Lesezeichen mit den wichtigsten Charakteren befand sich in meinem Buch und kann einem beim Lesen immer wieder kurz auf die Sprünge helfen.
"Kurz, die letzen zehn Julitage erfüllten mich mit ein bis dahin nicht gekannten Wohlbehagen. Ich erlebte, was sich in meinem Leben noch oft wiederholen sollte: die Freude am Neuen." (Seite 265)
Es geht in diesem Buch um die Freundschaft zwischen Elena und Lila. Diese Freundschaft bleibt auch nach dem Lesen für mich in gewisser Weise ein Rätsel. Beide verbindet nicht wirklich viel (bis auf ihre Herkunft) und sie sind Grundverschieden. Jeder zieht so ab und an seinen Vorteil aus der Freundschaft und wenn es darauf ankommt, ist man füreinander da. Trotz der Ausführlichkeit in der Elena uns in dieser Phase von vielen Erlebnissen erzählt, bleibt diese Beziehung für mich unklar.
Lila ist ein wissenshungriger Mensch mit einem enormen Durchhaltevermögen, einer großen Willensstärke, ist intelligent und Autodidaktin, die ihr Potenzial aus verschiedenen Gründen aber schulisch nicht ausleben kann. Gerne hätte ich mehr aus der Gedankenwelt von Lila erfahren, denn da Elena einen durch diese Geschichte führt, kann man den Hintergrund für viele von Lilas Tatennur erahnen.
"Aber hatte ich es nicht gemeinsam mit ihr erarbeitet, hatten wir uns nicht gegenseitig beflügelt, war meine Leidenschaft nicht durch ihre verstärkt worden?" (Seite 236)
Da die vielen Details aus Kindheit und Jugend der beiden Freundinnen die Geschichte etwas langatmig machen und ich den Schreibstil recht gewöhnungbedürftig fand, mich jedoch das Setting und die Charektere überzeugen konnten, erhält das Buch von mir drei Pfoten.